„Camp E-dorf“ und „Erste Erkelsdorfer Eingrabung“ bei der Steinbildhauerei Herrmann in Erkelsdorf 8, 92259 Neukirchen am Sonntag, den 30.9.2012, ab 15 Uhr Zum Abschluss ihres 10-tägigen „Camp E-dorf“Aufenthaltes in und um Erkelsdorf werden die Studenten des Piet Zwart Institutes - ein Master of Fine Arts Program in Rotterdam – die Ergebnisse ihres Workshops mit der Bildhauerin Walburga Herrmann zum Thema „Stein“ präsentieren. Außerdem wird der Nürnberger Künstler Harri Schemm die Performance „Erste Erkelsdorfer Eingrabung“ aufführen. Die Veranstaltung beginnt um 15 Uhr. Getränke und Essen werden angeboten. Der Tag wird mit Musik und Tanz seinen Abschluss finden. (Anfahrtsbeschreibung unter: www.steinbildhauerei-herrmann.de) Die acht Bildenden Kunst - Studenten der niederländischen Wilhelm de Kooning Akademie sind vor einer Woche in Neukirchen angekommen, haben dort zwei Ferienwohnungen bezogen und sich zu Fuß täglich auf den Weg ins benachbarte Erkelsdorf zu der dort wirksamen Steinbildhauerin Walburga Hermann gemacht, um das Material Stein in seinen Grundzügen kennenzulernen. Das dabei per se sowohl kulinarische als auch kulturelle Gegebenheiten der hiesigen Landschaft nicht unberücksichtigt blieben, kann garantiert werden. Wechselnde Bratwurstsorten und Biertypen wurden zum nicht ganz anstrengungsfreien Arbeiten in der Steinbildhauerwerkstatt gereicht. Eine Ganztägige Wanderung ( von Neukirchen über den Hartenfels, Holnstein, das Oberklausener Teststadion bis ins Hirschbachtal und zurück über den Hohenglücksteig und die Orte Neutras und Etzelwang) hat auch mit einer gewissen sportlichen Herausforderung für Ausgleich gesorgt. In Nürnberg wurden die aus allen Ländern der Welt stammenden Künstler über das Reichsparteitagsgelände geführt und die entsprechenden örtlichen Ausstellungsinstitutionen besucht. Nach einem Atelierbesuch bei Harri Schemm ging es wieder zurück zum Basislager Erkelsdorf, wo in der verbleibenden Zeit fleißig am Stein gearbeitet wurde. Ein Material, das in der heutigen eher konzeptuellen und digitalen geprägten Künstlerausbildung inzwischen ein Schattendasein führt und mehr und mehr dem Bereich der Hobby-Kreativität anheimzufallen droht. Nach einer Woche getaner Arbeit wurden nun am vergangenen Sonntag die Arbeitsergebnisse und Erkelsdorf präsentiert. Zusätzlich waren „Die Erste Erkelsdorfer Eingrabung“ unter der Mitwirkung von Harri Schemm und Walburga Herrmann angekündigt. Unter dem von Olivia Dunbar gestalteten „Future Caves“ Schild begann die Abschluss- veranstaltung des 10 tägigen „Camp E-Dorf“ mit einem großen Schlag von Kym Ward, mit dem der Kopf ihrer hier entstandenen Steinskulptur 'Der Krawattenmann' entfernt wurde. Das in zwei Teile zerschlagene Haupt rollt eine kleine Vorgartenböschung hinab und bleibt am Straßenrand liegen.Von hieraus führt uns James Whittingham zu seinem in rotem Sandstein gestalteten Stein, der ein veraltetes Mobiltelefon darstellt. Er fordert uns auf näher zu treten und den im Efeu summenden Bienen und Fliegen zuzuhören, bevor er seine Präsentation mit einem Pop Song der Pet Shop Boys ausklingen lässt. Nun zieht der ganze Tross ein Stück durch die Felder zum nahe gelegenen Waldrand. Und nachdem Jason Hendrik Hansmas einen von ihm bearbeiteten Naturfeldstein von der Bergspitze gerollt hatte, wo er ihn zuvor gefunden hatte, bittet er das Publikum zu berichten, was sie von der benachbarten Kirchenruine in Ermhof zu berichten wissen. Eine Anwohnerin trägt ihr Wissen um die zuerst abgerissene und dann in den letzten Jahren rekonstruierte Ruine vor. Leicht irritiert über die Zusammenhänge verlässt man den schattigen Wald und macht sich gemeinsam auf den Weg durch die Bildhauerwerkstatt hindurch weiter zur Skulptur „Fullmoon Butter Ritual“ von Jasper Griepink. Hier dürfen sich unterhalb einer hermaphroditischen Standfigur am Berghang die Gäste die Hände vom Künstler selber waschen lassen, was sie sichtlich genießen. Eine paar Metern weiter, versammelte sich die Prozession rund um die feine Marmorarbeit, der aus Polen stammenden und von Bellini inspirierten Anna Maria Luczak. Einige nehmen die Gelegenheit war den polierten Stein in ihren Händen zu halten und sind über dessen Weichheit überrascht. Die mit eingearbeitete Fotocollage lässt an ein Grabmal erinnern. Die nächste Station die etwas kryptische Arbeit des Chicagoers Kevin Gallagher: was zuerst wie eine Telefonnummer aussieht, stellte sich als die GPS Koordinate des Steinbruches da, in der der Stein in der Nähe von Würzburg gebrochen wurde, was mit einer gewissen Heiterkeit im Publikum aufgenommen wird. Joakim Hallstrom lädt die Betrachter auf eine etwas höher gelegene Rasenfläche, auf der er eine Art Markierungstein platziert hat. In der Kombination mit einer aus einem Hochglanzmagazin stammenden Werbeseite, die auf eine im Boden steckenden Metallröhre gestochen ist, kann man von hier aus den Blick in die Ferne schweifen lassen. Ein entfernter Sendemast stellt eine schöne Verbindung zu dem Ensemble her. Abschlusspunkt des Zuges – 80 Leute hatten die Einladung bei sonnigem Wetter angenommen – ist Olivia Dunbar's Installation: 'The Whole World (Usually Act Normal)', die rund um eine brennende Feuerstelle angeordnet ist. Dabei kommen Fundstücke aus einer in der Nähe liegenden, aber verlassenen Hütte zur Verwendung. Ein Bärchen Pullover mit aufgemalten Herz ist das Highlight. Zum Füttern des ortsansässigen Katers, der es sich im danebenstehenden Zelt bequem gemacht hat zieht sich Frau Dunbar dort hinein zurück. Gerne nimmt die Runde der Prozessionsteilnehmer nun das Angebot von etwas Kaffee und Kuchen an und zu sich. Auch Vorort gepresster und abgefüllter Apfelsaft - die Rotterdamer haben jeweils die Labels selbst gestaltet – kann erworben werden. Gestärkt trifft sich die Mehrzahl nun am Loch der bereits begonnenen „Ersten Erkelsdorfer Eingrabung“. Hierbei handelte sich um eine performative Zusammenarbeit der Gastgeberin Walburga Hermann und dem Nürnberger Kunstschaffenden Harri Schemm. Erst wird das Loch weiterhin vertieft, wobei alle Umstehenden mithelfen dürften. Auf kleine Zetteln, darf der Einzelne sowohl Wünsche als auch belastende Dinge des Lebens aufschreiben, die dann in einem riesengroßen goldenen Sparschwein eingesammelt werden. Auch die ein oder andere Münze fällt hinein. Nachdem das Tier mit echtem Bienenwachs versiegelt wird, Raucherstäbchen angezündet sind und ein traditionelles Indisches Tuch um das Schwein gewickelt ist, wird das ganze in das inzwischen tiefe Loch herabgelassen. Nachdem noch ein paar Falläpfel zugegeben worden sind, wird die Grabung wieder zugeschüttet. Ein entsprechendes Schild wird angebracht, um die Stelle zu markieren.Vielleicht wächst ja nächstes Jahr etwas aus den guten oder schlechten Wünschen und wenn es nur ein Apfelbaum wird. Der Nachmittag klingt bei gemeinsamen Speis und Trank gemütlich aus, wobei sich Künstler und Besucher etwas näher kommen und die eine oder andere Verwirrung noch aufgeklärt werden kann. Gesamt betrachtet, kann die Veranstaltung als Erfolg gewertet werden, weil es zum einem den Kursteilnehmern zum großen Teil gelang mit dem Material Stein mit Frische zu begegnen und zum anderen nach sorgfältiger Überlegung damit Setzungen in der Landschaft in und um den Bildhauergarten zu machen, die sowohl die Einheimischen als auch die Angereisten Gäste zu einer persönlichen Parcourbewältigung herausfordern konnten. Ein Erleben und Erfahren der Oberpfälzischen Kulturlandschaft ermöglichte das allen Beteiligten. (Kim Ward)